! Achtung, dies ist ein Geburtsbericht, der eventuell nichts für empfindliche Seelen ist !
! Achtung, langer Text !
Heute möchte ich euch davon erzählen, wie die größte Veränderung, das größte Wunder und das einschneidenste Erlebnis aller Zeiten in mein Leben getreten sind.
Ab Samstagabend, den 15.09.2018 hatte ich abends beim Fernsehen regelmäßige Wehen, die ca. alle 7 Minuten kamen, aber nicht sehr schmerzhaft. Ich bin ins Bett gegangen und habe versucht, zu schlafen, in dem Glauben, dass es in der Nacht wohl losgehen wird. Nachts kamen die Wehen alle 30 Minuten, dazwischen konnte ich aber immer wieder einschlafen, so dass ich erst Sonntagmorgen um 9 Uhr aufgestanden bin.
Anschließend habe ich im Kreissaal im Krankenhaus G angerufen, da ich am Sonntag sowieso zum CTG musste, da es schon Tag 6 nach dem errechneten Entbindungstermin war und ich alle 2 Tage zum CTG musste. Um ca. 11 Uhr waren wir im Krankenhaus, mussten aber noch recht lange warten. Die Wehen kamen so alle 10 Minuten, aber nicht sehr schlimm.
Als wir dann aufgerufen wurden, wurde ich von einer netten Hebamme ans CTG angeschlossen, das leichte Wehen aufgezeichnet hat. Mein Mann hat mit dem Handy die Zeitabstände gestoppt. Gegen halb eins, gerade, als ich sagen wollte „Wieder eine Wehe…“ musste ich meinen Satz mit „Oh scheiße, ich glaube, meine Fruchtblase ist geplatzt!“ unterbrechen, was mein Mann extrem lustig fand und findet. Es ist ein Mythos, dass das nur tröpfelt, ich lag binnen Sekunden in einer Pfütze. Ich habe meinen Mann losgeschickt, die Hebamme holen, die sich total gefreut hat, weil damit klar war, dass ich nicht wieder nach Hause darf und es wirklich losgeht. Alternativ hätte man nämlich über eine Einleitung nachdenken müssen. Ich musste noch ein wenig am CTG liegen, mein Mann ist währenddessen zum Auto gelaufen und hat meine Taschen geholt, damit ich mir anschließend was anderes, trockenes anziehen kann.
Inzwischen war Schichtwechsel, die zweite Hebamme wurde mir vorgestellt, die leider nicht ganz so nett wie die erste war, aber trotzdem auch völlig okay.
Die Wehen waren gut aushaltbar und der Muttermund erst bei 2 cm, so dass Raphael und ich noch spazieren gehen durften (wir waren in der Cafeteria, wo mein Mann einen Nutella-Muffin und ich Salzstangen (wegen Schwangerschaftsdiabetes) gekauft haben und anschließend in der Gegend ums Krankenhaus spazieren). Zu dem Zeitpunkt musste ich bei Wehen schon eine Pause machen, aber mit dem richtigen Atmen war das ganz gut aushaltbar. Da habe ich noch gedacht, dass ich vermutlich am Abend mein Baby im Arm halten würde.
Wieder im Krankenhaus durften wir dann ein Wehenzimmer beziehen, in dem es ein großes Bett und einen Fernseher gab. Die Hebamme hat mir schon mal einen Zugang gelegt und Blut abgenommen, wenig später kam noch eine Ärztin, die mir ebenfalls Blut abgenommen hat (was ich für ein Versehen halte, sie wusste vermutlich nicht, dass man mir schon Blut abgenommen hatte).
Gegen frühen Abend hatte sich nicht viel getan und mein neues Ziel war, dass das Baby noch am 16.9., also vor Mitternacht geboren wird.
Da ich schon einige Stunden in der Klinik und noch kein Ende in Sicht war, organisierte die Hebamme, dass ich auf der Wöchnerinnenstation Abendessen durfte, damit ich genug Kraft habe. Mein Mann durfte natürlich mitkommen, aber nicht mitessen, doch für ihn hatte ich auch Proviant eingepackt (nicht genug).
Nach dem Abendessen waren die Wehen schon stärker und ich hatte Mühe, Positionen zu finden, in denen ich sie gut aushalten konnte. Am besten ging abgestützt an der Fensterbank oder auf dem Ball. Leider musste ich noch öfter und länger ans CTG, und weil ich es im Liegen da schon kaum aushalten konnte, saß ich dazu im Sessel, was so halbwegs okay war. Parallel zum CTG wurden auch mein Puls und die Sauerstoffsättigung über eine Kappe auf dem Finger immer wieder gemessen. Da das Baby, wie schon die ganze Schwangerschaft über, während des CTGs geschlafen hat (übrigens auch während der Wehen) und so die Herztöne schlecht gemessen werden konnten, habe ich dann intravenös Flüssigkeit bekommen.
Irgendwann stellte die Hebamme fest, dass der Muttermund nun bei ca. 4cm war, was mich wirklich deprimierte, weil doch schon viele Wehen vergangen waren. Laut Hebamme waren die Wehen nicht ausreichend, was sich für mich ganz anders anfühlte und sie erklärte mir, dass ich demnächst ein Medikament zur Einleitung bekommen würde, da die Fruchtblase schon ganz schön lange offen sei und es Zeit würde, dass es endlich wirklich weiterging, außerdem Antibiotika intravenös, um eine Infektionsgefahr zu vermeiden. Ich hatte große Angst vor dem Medikament, da die Wehen eh schon schmerzhaft waren und ich zuvor schon gehört hatte, dass Einleitungsmedikamente sehr schmerzhafte Wehen mit kurzen Abständen erzeugen können. Gegen 22 Uhr war dann Schichtwechsel und die dritte Hebamme kam, die wiederum sehr nett war. Sie schlug mir vor, demnächst in die Wanne zu gehen, um mich entspannen zu können und so die Schmerzen zu lindern. Das konnte ich mir sehr gut vorstellen.
Dadurch, dass ich die Nacht davor nicht tief geschlafen habe, war ich vor lauter Müdigkeit schon ein wenig benebelt.
Nachdem schon den ganzen Tag angekündigt war, dass irgendwann noch ein Ultraschall gemacht werden müsste, wurde ich gegen halb 11 von einem Arzt abgeholt, der leider etwas doof war. Zuerst hat er mich gefragt, warum ich eigentlich da wäre. Vielleicht, weil meine Fruchtblase geplatzt ist, ich Wehen habe und gedenke, ein Kind zu bekommen? Beim Ultraschall selbst war dann alles soweit in Ordnung, er hat das Gewicht vom Baby auf 3800 g geschätzt, was gut zu einem Schwangerschaftsdiabetesbaby passen würde.
Gegen Mitternacht (mein eigentliches Ziel, um das Baby geboren zu haben, das habe ich dann für mich durch „bevor es hell wird“ ersetzt) bekam ich nach Aufklärung durch die Hebamme eine viertel Tablette Cytotec zur Einleitung (nur wenig, weil ja schon Wehen vorhanden waren), sowie einen Tropf mit einem Antibiotikum. Kurze Zeit später wurden die Wehen deutlich stärker und entgegen aller Vorsätze konnte ich auch nicht mehr leise bleiben. Ich habe, wie im Vorbereitungkurs gelernt, lange ausgeatmet und dabei irgendwelche Geräusche von mir gegeben, die irgendwann vermutlich auch ziemlich laut wurden (laut meinem Mann für meine Verhältnisse schon, insgesamt ging es aber. Allerdings war ich am nächsten Tag schon heiser). Aber laut Hebamme war diese Atemtechnik genau richtig. Raphael hat versucht, mich zu streicheln oder zu massieren, aber ich hab ihm nur gesagt, er soll mich gefälligst nicht anfassen. Kurze Zeit später hat die Hebamme mich dann massiert, was zwar nicht viel geholfen hat, aber auch nicht gestört hat. Mein Mann hat mir hinterher erzählt, dass er da schon ein bisschen beleidigt war, dass er mich nicht anfassen durfte, die Hebamme aber schon. Ich habe mich aber auch nicht getraut, sie wegzuschicken.
Auch mit dem Medikament ging es nur langsam voran, was für mich das Schlimmste war – Heftige Schmerzen zu haben und zwischendurch die Rückmeldung von der Hebamme, dass es immer noch nicht weiter voran gegangen sei. Gegen 2 Uhr nachts, nach immerhin 26 Stunden Wehen, davon 8 Stunden welche, die ich veratmen musste und 2 Stunden heftige mit kaum Pausen, bot die Hebamme mir dann ein Schmerzmittel an, dass ich dankend angenommen habe. Die Schmerzen waren damit weiterhin da, aber es war mir mehr oder weniger egal. Das Mittel, dessen Name ich nicht weiß und das ich „das gute Zeug“ genannt habe, sorgte dafür, dass ich mich wie betrunken oder auf Drogen gefühlt habe und in den 2 Minuten zwischen den Wehen immer eingeschlafen bin und lustige Träume hatte. Manche davon habe ich meinem Mann erzählt, zum Beispiel von dem Computerspiel Black&White, was es vor ungefähr 16 Jahren mal gab.
Mein Mann betont immer wieder, dass ich ständig nachgefragt habe, ob ich mehr von dem Schmerzmittel haben kann, wenn der aktuelle Tropf leer ist. Leider habe ich nicht mitbekommen, dass er irgendwann leer war und man mir lediglich einen neuen Tropf mit Flüssigkeit angehängt hat und dachte, ich bekomme immer noch Schmerzmittel. Raphael wollte mich in dem Glauben lassen, aber die Hebamme hat sich verraten. Das hätte eh nichts geholfen, ich konnte nämlich wieder klarer denken und die Schmerzen wurden wieder intensiver, spätestens da habe ich selbst gemerkt, dass ich kein Schmerzmittel mehr bekomme.
Gegen halb 4 war der Muttermund dann endlich bei ca. 7 cm und wir durften in den Kreissaal umziehen. Das war ein gutes Gefühl, weil sowohl die Hebamme, als auch ich glaubten, dass es nun bald so weit sei und das Baby kommen würde.
Im Kreissaal hat man mich wieder ans CTG angeschlossen und festgestellt, dass die Herztöne zwar nicht besorgniserregend, aber auch nicht ganz optimal sei. Die Herzfrequenz vom Baby lag die ganze Zeit unverändert bei 130, egal ob ich gerade Wehen hatte oder nicht. Das war schon die ganze Schwangerschaft über so gewesen, deshalb hatte mich meine Frauenärztin sogar einmal ins Krankenhaus geschickt, weil das Baby am CTG nicht aktiv werden wollte. Trotzdem sollte dem Baby zur Sicherheit Blut aus dem Kopf abgenommen werden, um zu überprüfen, ob es ihr gut geht. Das war einer der schlimmsten Momente der Geburt, weil ich dazu auf dem Rücken und trotz Wehen still liegen musste. Zudem dauerte die Aktion mehrere Wehen lang und wurde auch noch vom doofen Arzt vom Vorabend durchgeführt. Beim ersten Versuch hat irgendetwas nicht funktioniert und sie mussten gleich noch ein zweites Mal Blut abnehmen, bevor ich wieder zurück in meinen bevorzugten Vierfüßlerstand durfte. Wie ich erwartet hatte, waren die Werte perfekt und dem Baby ging es offensichtlich sehr gut.
Immer, wenn ich die Position gewechselt habe, ist das Messteil vom CTG verrutscht und die Herztöne vom Baby konnten nicht gemessen werden. Daraufhin musste die Hebamme diese wieder suchen. Weil man sich zwischendurch nicht sicher war, wirklich die Herztöne vom Baby zu messen oder vielleicht doch meine, wurde auch mein Puls dauerhaft über eine Kappe auf dem Finger gemessen.
Leider ging es im Kreissaal nicht so schnell voran, wie die Hebamme und ich gehofft hatten. Der Rest vom Muttermund wollte nicht weiter aufgehen. Die Hebamme versuchte nun, den letzten Rest weg zu massieren. Das war unglaublich schmerzhaft, ich sollte Bescheid sagen, wenn ich es nicht mehr aushalten könnte, dann würde sie aufhören. Da ich aber die Hoffnung hatte, dass es so schneller weitergehen würde, habe ich das irgendwie ausgehalten und nichts gesagt. Die Hebamme meinte, wir könnten es noch schaffen, dass das Baby in ihrer Schicht zur Welt kommt, da die Wehen stark und häufig genug waren. Ab 5 Uhr morgens durfte ich mit den Wehen mitpressen, aber der Muttermund wollte sich nicht vollständig öffnen.
Um halb 6 morgens war dann der nächste Schichtwechsel und ich lernte die vierte Hebamme kennen, die besonders nett war. Sie hat festgestellt, dass der Muttermund immer noch nicht vollständig auf war und mir gesagt, dass ich auf keinen Fall mehr pressen soll, weil der Muttermund dadurch anschwillt. Ich habe also versucht, die Wehen weg zu atmen.
Da das CTG dabei die ganze Zeit merkwürdig blieb, kam einige Zeit später noch einmal der Arzt, um wieder Blut aus Babys Kopf abzunehmen. Auch dieses Mal war das wirklich schlimm, klappte aber immerhin im ersten Versuch, so dass ich mich bald wieder anders hinlegen durfte. Wieder waren die Ergebnisse völlig unauffällig. Auch die vierte Hebamme hat nochmal versucht, den Rest vom Muttermund weg zu massieren, was zusätzlich zu den Wehen ein weiterer ziemlich fieser Schmerz war, aber auch das war wenig erfolgreich.
Irgendwann kam eine neue Fachärztin, die ein drittes Mal Blut vom Baby abnehmen wollte. Man gewöhnt sich nicht daran, es war und blieb schmerzhaft und war eine Qual, still zu halten und auf dem Rücken zu liegen. Auch dieses Mal waren die Werte vollkommen in Ordnung.
Da mein Muttermund sich aber weiterhin nicht weiter geöffnet hat, schlug die Hebamme vor, dass ich mir eine PDA legen lassen sollte. Durch die Entspannung sollten sich die letzten 2 cm auch noch öffnen. Ich wollte vorher nie eine PDA, da ich zu dem Zeitpunkt aber schon seit über 30 Stunden Wehen hatte und seit immerhin 7 Stunden auch extrem schmerzhafte (Schmerzmittel hatte ich schon länger nicht mehr), war ich dankbar über diesen Vorschlag.
Gegen 8 Uhr am Montagmorgen kam dann der Anästhesist. Mein Mann wurde von der Hebamme rausgeschickt, was ihm in dem Moment auch ganz lieb war und ich auch okay fand. Zum Legen der PDA musste ich in einer bestimmten, gebeugten Position sitzen und still halten, was auch nicht einfach war, aber halbwegs geklappt hat. Die Hebamme hat mir über den Zugang ein Medikament gegeben, was die Wehen für kurze Zeit gehemmt hat. Zuerst wurde die richtige Stelle lokal betäubt, was nur ein bisschen gepiekst hat. Dann wurde mir ein Zugang mit einem kleinen Plastikschlauch in den Rücken gelegt, wovon ich überhaupt nichts mehr gemerkt habe. Nachdem der Schlauch dann mit Hansaplast an mir festgeklebt war, hat der Anästhesist darüber das richtige Medikament gespritzt. Ich war sehr schnell schmerzfrei, nur links im Bauch war ab und an noch ein ganz leichtes Ziehen zu spüren. Nach ungefähr 14 Stunden Wehen veratmen konnte ich mich so endlich mal wieder ein wenig entspannen. Dummerweise musste mir die Hebamme nun einen Katheter legen, weil ich ja kein Gefühl mehr im Unterleib hatte, aber davon habe ich dank PDA nichts gemerkt. Neben dem Tropf mit dem Medikament für die PDA und der Flüssigkeit, die ich wieder intravenös bekam (ich hatte ja lange nichts gegessen und getrunken), war ich nun noch ein Stück weiter verkabelt.
Leider hat die PDA bewirkt, dass die Wehen komplett weg waren, weshalb mir die Hebamme einen Wehentropf angehängt hat. Dazu musste mir eine Art „Mehrfachsteckdose“ am Zugang angebracht werden, weil ich so viele Sachen gleichzeitig bekam. Ich wurde mehrfach gefragt, ob ich noch spüren würde, wenn eine Wehe kommt, aber ich habe gar nichts mehr davon gemerkt.
Damit das Baby in eine bessere Position rutscht, sollte ich mich auf die Seite legen, leider sind dabei die Herztöne vom Baby immer abgesackt, so dass ich mich doch wieder auf den Rücken legen oder hinknien durfte.
Mittlerweile kamen auch der wirklich nette Chefarzt und die Fachärztin regelmäßig in den Kreissaal, um zu gucken, ob alles in Ordnung ist und ich eventuell doch Wehen spüre und um nach dem Muttermund zu sehen. Dieser war nach der PDA zum Glück vollständig offen. Da ich nach wie vor kaum Wehen spürte, wurde ich irgendwann gebeten, mitzupressen, wenn ich das Gefühl hatte, ich hätte eine Wehe. Zuerst durfte ich das in meiner Lieblingsposition auf den Knien und mich an der Rückenlehne vom Bett festhaltend tun. Die Hebamme fühlte dabei mit den Finger, ob ich in die richtige Richtung presse (was ohne großartig spürbare Wehen gar nicht so einfach ist), was nach 2 oder 3 Wehen Übung gut klappte.
Laut Hebamme bewegte sich das Baby trotz viel Druck, den ich aufbauen konnte, nur millimeterweise weiter nach unten. Ich sollte mich nun auf den Rücken legen und es in dieser Position versuchen. Mittlerweile ließ die Wirkung der PDA wieder nach und ich merkte die Wehen wieder heftig. Dadurch, dass ich mit jeder Wehe mitpressen durfte, waren sie aber gut auszuhalten, auch wenn es durch den Wehentropf kaum noch Pausen zwischen den Wehen gab. Raphael meinte hinterher, dass ich beim Pressen mehrfach blau angelaufen bin. Ich habe auch mehrfach nicht gehört, dass die Hebamme meinte, ich solle aufhören und eine Pause machen. Ich war völlig damit beschäftigt, meine ganze Kraft aufzuwenden, da ich wollte, dass das Baby endlich geboren wird.
Zwischendurch kam immer wieder der Chefarzt, um nach mir zu sehen. Nach ca. 2 Stunden Pressen wollte er selber sehen, wie weit sich das Baby mittlerweile nach draußen bewegt hat. Er stellte fest, dass ich enorm viel Druck nach unten aufbauen konnte, das Baby sich aber trotzdem nicht mal einen Millimeter weiter nach draußen bewegt hatte, was für mich wieder extrem deprimierend und für den Arzt besorgniserregend war. Ich hatte die Hoffnung, dass man nun eventuell mit der Saugglocke nachhelfen würde, damit es schneller geht, da ich langsam auch am Ende meiner Kräfte war. Doch der Chefarzt meinte, er denke, dass jetzt nur noch ein Kaiserschnitt helfen würde und ob ich damit einverstanden wäre. Da ich, wie gesagt, ziemlich am Ende war, willigte ich ein, fragte aber, warum auch immer, nochmal Raphael, ob das wohl okay wäre. Daraufhin meinte der Chefarzt, dass das eigentlich schon gar nicht mehr meine Entscheidung sei und wenn ich nicht einverstanden gewesen wäre, er das einfach hätte festlegen müssen. Mein Mann war ziemlich traurig, weil es ihm so Leid für mich tat, weil ich mir so sehr eine natürliche Geburt gewünscht hätte. Ich konnte das in dem Moment gar nicht verstehen, war nur froh das bald ein Ende in Sicht war und konnte mir nicht vorstellen, wie recht er hatte und wieviele Probleme ich haben würde, das zu verarbeiten.
Die Hebamme bereitete mich nun für den Kaiserschnitt vor, in dem sie mich rasierte und mir half, mein T-Shirt gegen ein OP-Hemd zu tauschen. Sie meinte noch scherzhaft, spätestens jetzt hätte ich den PDA-Zugang und den Katheter eh bekommen, also war das auf keinen Fall umsonst. Mein Mann ging in der Zeit schon mal los, um sich selbst sterile Sachen anzuziehen.
Als ich fertig vorbereitet war, wurde ich gefragt, ob ich zu Fuß zum OP gehen könnte, was ich bejahte und schaffte, mir im Nachhinein mit den Presswehen aber unglaublich vorkommt, auch wenn der Weg echt nicht weit war. Die Wehen waren nun wieder schwierig auszuhalten, da ich ja nicht mehr pressen durfte. Im OP wurde ich von einer Vielzahl von Leuten empfangen. Anwesend waren ein Anästhesist, zwei Assistenzärzte der Anästhesie, eine Anästhesieschwester, der Chefarzt, die Fachärztin und eine Assistenzärztin der Gynäkologie, eine Schwester unbekannter Herkunft und die Hebamme. Schön fand ich, dass alle anwesend sehr nett waren und sie wirklich lieb um mich gekümmert haben, so dass ich das Gefühl hatte, in guten Händen zu sein.
Ich musste mich auf den OP-Tisch legen, meine Hände und Füße wurden festgeschnallt. Das war ziemlich unangenehm, weil ich starke Presswehen hatte, die natürlich schmerzhaft waren und die ich weghecheln musste, weil ich da nicht mehr pressen durfte. Tatsächlich war erstaunlich, wie gut und automatisch so wohl das Veratmen als auch das Hecheln funktioniert haben.
Der Assistenzarzt der Anästhesie spritzte mir nun in Absprache mit dem Anästhesisten verschiedene Medikamente, was ich vorher kaum erwarten konnte, da die Presswehen ohne pressen zu dürfen und dabei stillliegen zu müssen, ziemlich schrecklich waren.
Ich versicherte mich mehrfach, ob ich beim Kaiserschnitt wirklich keine Schmerzen haben würde (ich war nervlich mittlerweile echt angeschlagen und hatte vorher natürlich auch Horrorgeschichten gehört). Der Assistenzarzt und die Anästhesieschwester beruhigten mich wirklich lieb und versprachen mir auch, dass der operierende Chefarzt testen würde, ob ich noch etwas spüre, bevor er anfangen würde.
Die Medikamente wirkten schnell und ich hatte keine Wehen mehr, was ich logischerweise extrem entspannend fand. Ich wurde gefragt, ob ich meine Füße noch spüre und das war der Fall. Ab und an redete eine Person mit mir, ich wusste aber meistens nicht wer, da in der grünen OP-Kleidung alle gleich aussahen und meistens auch hinter meinem Kopf standen, so dass ich nichts sehen konnte.
Kurz nach dem dann auch mein Mann bei mir war, begann die OP, von der ich wenig mitbekommen habe, außer Ruckeln an meinem Bauch. Gespürt habe ich nur ab und an ein Ziepen auf der linken Seite, wo ich auch trotz PDA noch ein wenig von den Wehen gespürt hatte. Das Geräusch und Gefühl beim Schneiden erinnerte mich ein wenig an das Geräusch, wenn mein Schwiegervater an Weihnachten die gebratene Gans zerteilt. Heftig wurde es, als das Kind aus meinem Bauch gehoben wurde, da sie (auch durch die langen Presswehen) so fest im Becken steckte, dass man ordentlich an ihr ziehen musste. Dadurch wurde ich auch hin und her bewegt.
Und dann war plötzlich, 36 Stunden nach der ersten richtigen Wehe, am 17.09.2018 um 11:19 Minimia da. Nach einem kurzen Moment hörte ich auch den ersten Schrei und den Chefarzt, der ganz begeistert war, dass das Baby schon beim Herausheben aus meinem Bauch die Augen geöffnet. Ich bekam sie kurz gezeigt und mein erster Gedanke war „Das kann nicht mein Baby sein“, da es widererwarten schwarze Locken hatte und so blau angelaufen war, dass ihre Hautfarbe dunkel wirkte. Vor Glück, es endlich zu sehen, hätte ich fast geweint, konnte mich aber gerade noch zusammen reißen 😉
Leider wurde es gleich mit meinem Mann und der Hebamme weggebracht, um sie zu untersuchen. Ich war einerseits erleichtert, dass nun alles vorbei und gut gegangen ist, andererseits wollte ich sofort zu meinem Baby, um es kennen zu lernen. Währenddessen stellte ich fest, dass ich meine Beine doch nicht mehr spürte, was laut dem Anästhesisten, dem ich das sofort mitteilte, aber völlig normal ist. Nun wurde ich wieder zugenäht, dabei konnte ich hören, wie der Chefarzt der Assistenzärztin erklärte, wie sie das tun sollte. Nach kurzer Zeit wurde mir schwindelig, was mir kurz Angst machte, weil ich unbedingt zu meinem Baby wollte. Nach kurzer Zeit sagte ich das den Ärzten und die Anästhesisten beruhigten mich, dass das nach dem Kraftakt und der langen Zeit ohne Essen völlig normal wäre. Sie haben mir dann Glukose gespritzt.
Nachdem ich wieder zugenäht wurde (ich frage mich bis heute, mit vielen Stichen eigentlich?), wurde ich auf ein normales Bett umgelagert und habe mich bei allen bedankt, dass ich mich so gut aufgehoben gefühlt habe. Gegen 13:00 Uhr wurde ich aus dem OP in einen Überwachungsraum geschoben, in dem Raphael schon mit dem Baby saß und bekam es endlich auf die Brust gelegt.
Schlimm war der nächste Morgen, an dem ich zum ersten Mal aufstehen sollte. Der Schmerz an der OP-Wunde war sehr schlimm. Ich bin 2 Schritte zum Waschbecken gegangen, wo ich vor Schmerzen und Kreislaufproblemen nach langer Zeit mit wenig Essen (eine Scheibe Brot am Abend vorher, davor 24 Stunden nichts) und langem Liegen erstmal zusammen geklappt bin. Den Rest des Tages durfte ich dann nicht mehr aufstehen, erst am Abend wieder, nach dem mir auch der Katheter entfernt wurde. Auch da hatte ich noch große Schmerzen beim Aufstehen, die aber in den nächsten Tagen schnell besser wurden.
An Tag 3 habe ich im Krankenhaus die 3. Hebamme wieder getroffen, die dachte, wir könnten es noch schaffen, das Baby in ihrer Schicht zu bekommen. Sie begrüßte mich mit „Na, das hat ja dann doch noch ganz schön lange gedauert“ und damit hatte sie definitiv recht.
18 Tage nach der Geburt erzählte Raphael mir dann, dass ich im ganzen Krankenhaus bekannt war und er zwei mal von Hebammen angesprochen wurde, ob er der Mann von der Frau sei, deren Geburt so lange gedauert hat.
Aufgeschrieben habe ich dieses alles, weil ich im Nachhinein große Probleme habe, die Geburt zu verarbeiten. Das liegt nicht am Krankenhaus, an den ÄrztInnen oder Hebammen, die die ganze Zeit wirklich toll waren, mir alles erklärt haben und dafür gesorgt haben, dass ich mich wohlfühle. Das liegt allein an mir selber, daran, dass ich nie einen Kaiserschnitt wollte, was ich nie wollte, dass mir dieser das Gefühl gibt, das Kind nicht selbst geboren zu haben und die vielen Fragen, die ich mir jeden Tag stelle, ob ich irgendwas hätte anders oder besser machen können.
Trotzdem bin ich auch jeden Tag froh und glücklich, über den Segen der modernen Medizin, durch die das Baby, das ich mehr liebe als alles andere auf der Welt, und ich gesund und munter sind. Vor 100 Jahren hätten wir vielleicht einfach nicht überlebt.