Heute möchte ich euch aus gegebenem Anlass mal erläutern, wie ein richtig *** Arbeitstag bei mir aussieht. Natürlich gibt es auch gute Tage und ich werde vielleicht sogar mal über einen berichten, wenn das nicht zu langweilig klingt.
Am letzten *** Arbeitstag lautet der Auftrag: Passe 3 Stunden auf Cassiopeia und ihren kleinen Bruder Jeremy auf. 2-3 mal hatte ich schon das Vergnügen, Cassiopeia ist stadtbekannt als anstrengendstes Kind unter der Sonne und hat schon mehrere Familienhelferinnen verschlissen (eine ist danach tatsächlich in die Schreibtischabteilung gewechselt oO). Ihr Bruder ist mit 3 Jahren noch recht harmlos, Cassiopeia hat aber schon 8 Jahre lang ohne jegliche Grenzen gelebt, da ihre Mutter nicht in der Lage ist, welche zu setzen. Sie leidet aber selber unglaublich unter dem Verhalten ihres Kindes.
Gut Mia, dachte ich mir, du bist ja professionell. Also geh nicht schon schlecht gelaunt dahin, das merkt das Kind. Außerdem hat es letztes Mal ja auch ganz gut geklappt. Ich also, immerhin auch noch leicht erkältet, aber nicht schlecht gelaunt, losgestiefelt.
Treffpunkt am frühen Nachmittag war eine Straßenbahnstation, wir mussten nämlich erstmal den kleinen Bruder vom Kindergarten abholen. Ihre Mutter brachte Cassiopeia. Begrüßung von Cassiopeia? Fehlanzeige, völliges Ignorieren meiner Person. Erst, als Mama weg war und ich sie persönlich ansprach, gab es eine Reaktion.
Ich: Du darfst dir aussuchen, ob wir auf den Spielplatz gehen wollen oder in den Tierpark. Ich hab sogar Futter für die Tiere dabei.
Cassiopeia: *Jammer-Tonfall on* Ins Schwimmbaaaaaad
Ich: Das geht nicht, ich hab keine Badesachen dabei und kann auch nicht gut genug schwimmen, als dass ich mit 2 Kindern, die mir nicht gehören, ins Schwimmbad gehe.
C: *Jammer-Tonfall Modus 2* Es ist sooooooo heiß, ich muss mich abkühlen.
Klar, es waren beinahe 25 Grad.
Ich: Nein, das geht nicht
C: *Jammer-Tonfall off* *Bock-Modus on* Nö! Dann geh ich halt nirgendwohin!
Von mir aus, meinetwegen. Ich dachte nur, Kinder gehen gerne auf den Spielplatz oder in den Tierpark, zumindest lieber als nur zu Hause rumzusitzen. Aber gut, wenn sie das so möchte. Wir fahren mit der Bahn, gehen noch ein Stück zu Fuß zum Kindergarten, Cassiopeia fährt auf ihrem knallpinken Roller auf dem Radweg und lässt sich nicht überzeugen, da runter zu kommen. Inzwischen hat sie sich entschieden, doch auf den Spielplatz zu wollen, wenn sie ihr T-Shirt und ihre Hose ausziehen darf. Darf sie nicht. Im Kindergarten holen wir Jeremy ab. Er will sich gerade in deinen Buggy setzen (den man meiner Meinung nach mit 3 für diese Strecke nicht braucht), als Cassiopeia ihn wegschubst und sich selbst reinsetzt. Als er sich am Buggy festhält, kneift und beschimpft sie ihn, was ich unterbinde und erkläre, dass ich das nicht will.
Ich: Cassiopeia, steh bitte auf. Du wolltest deinen Roller mitnehmen, dann musst ihn jetzt auch nach Hause fahren.
C: Nö!
Ich: Dochdoch, wir bleiben hier so lange stehen, bis du aussteigst. Mit 8 brauchst du echt keinen Buggy mehr.
C: Wir können den Roller zusammenklappen, dann kannst du den Tragen und mich schieben.
Ich: Du wolltest ihn mitnehmen, ich trage hier nichts.
Als sie merkt, dass es keinen Sinn hat, steigt sie aus, Jeremy steigt ein und unter ein paar Beschimpfungen ziehen wir los. Jeremy möchte auch gerne auf den Spielplatz, also gehen wir doch. Die ersten 10 Minuten verlaufen recht normal, außer, dass Cassiopeia dauernd über ihren Bruder lästert („Der ist soooo ein Angeber! Gestern hat er gesagt, er hat schöne neue Schuhe!“) und ständiges Rufen „Mia, du musst hier mal, hilf mir da, mach mal dies, mach mal jenes“. Manches mache ich, zu anderem sage ich ihr, dass sie das schon selber kann. Nach einer Viertelstunde kommt sie zu mir auf die Bank und will Kekse. Ich reiche ihr die Dose, sie wühlt mit beiden Händen drin rum und versucht, alle Kekse auf einmal in die Hände zu kriegen. Ich sage ihr, sie soll das lassen, sie macht weiter, ich nehme ihr die Dose ab und teile ihr einen Keks zu.
C: *weinerlicher Tonfall an* Neeeeiiin, du weißt gar nicht, welches Tier ich wollte.
Ich: Du kannst diesen Keks haben oder keinen.
Cassiopeia nimmt den Keks in die Faust, hält ihn über meine geöffnete Tasche und zerkrümelt ihn genüsslich. Ich schiebe ihre Hand weg.
Ich: Untersteh dich. Reiß dich zusammen, wenn du dich nicht benehmen kannst, gehen wir nach Hause. Und Kekse gibts jetzt keine mehr.
Das Dilemma mit 2 Kindern ist ja immer, wenn man eine Aktion abbricht, weil Einer sich nicht benehmen kann, leidet auch der Andere darunter, obwohl er sich nichts hat zu Schulden kommen lassen.
C: *weinerlicher Tonfall* Ich will aber Kekse!
Ich schweige dazu, während ich die Tasche festhalte, die sie versucht, mir aus den Händen zu reißen.
C: Ich will aber Keheeekse. Keeeekse!
Ich: Dann überleg dir nächstes Mal vorher, was du mit denen machst.
Cassiopeia zieht irgendwann ab, ich gehe ein bisschen über den Spielplatz, um nach den Kindern zu gucken. Plötzlich rennt sie an mir vorbei und sagt:“ Haha, ich hole mir jetzt Kekse!“ Ich hinterher, als sie an der Tasche ist und merkt, dass ich fast hinter ihr stehe, wirft sie die Tasche in hohem Bogen durch die Luft, der Inhalt verteilt sich auf dem Spielplatz.
Ich: Okay, es reicht. Nimm deinen Roller, wir gehen nach Hause, wenn du dich nicht zusammen reißen kannst.
C: *Bock-Modus on* Dann fahre ich jetzt weg und klingel bei der Oma (Anm. d. Red.: Eine Nachbarin, die eine Etage tiefer wohnt und um die 80 ist). Dann gibt die mir den Schlüssel und ich sperre euch aus!
Ich sammel Jeremy und alle Klamotten ein, wir ziehen los. Cassiopeia 20 Meter vor mir mit ihrem Roller auf der, wenn auch nicht vielbefahrenen, Straße.
Ich: Komm von der Straße runter!
Keine Reaktion, ich rufe nochmal. Wieder keine Reaktion, langsam werden ich sauer und denke über das Gespräch nach, das ich zu Hause mit ihr führen werde. Nach einigen Metern kommen wir an eine große, sechsspurige Straße und ich rufe ihr hinterher, dass sie an der Ampel warten soll. Mittlerweile ist sie mindestens 30m voraus. Sie grinst mich an, drückt auf den Knopf und läuft immerhin bei grün rüber. Mir rutscht ein „Na warte!“ heraus.
Vor der Haustür finde ich kein Kind vor und nehme an, dass sie bei der Nachbarin geklingelt hat. Recht habe ich, als ich hochgehe, steht diese schon in der Tür, guckt mich hilflos an und sagt: Cassiopeia ist hier drin.
Ich: Ich bringe kurz Jeremy und die tausend Sachen hoch, ich komme gleich.
Oben versorge ich Jeremy mit nem Puzzle, lasse die Tür auf (gibt nur eine Wohnung pro Stockwerk, insgesamt 3 im Haus. Er kann sicher Treppen laufen und nicht an mir vorbei, ohne dass ich es mitkriegen würde) und nehme den Schlüssel mit. In der Wohnung der Nachbarin höre ich Gläser klappern.
Nachbarin, noch in der Tür stehend: Ich weiß gar nicht, was ich machen soll. Die ist soooo ungezogen.
Ich: Ich weiß. Ich tu schon mein Bestes. Cassiopeia, kommst du jetzt bitte hoch?
C: *immer noch Bock-Modus* Nö! Ich bleibe hier.
Die Nachbarin will sie auch offensichtlich gar nicht hier haben.
Ich: Ich bin heute da, um auf euch aufzupassen und du kommst jetzt bitte mit.
C: Nö! Die Oma hat Quark gemacht, den will ich essen.
Ich bin leicht fassungslos, wie sie auf die Idee kommt, die zubereiteten Sachen der Nachbarn essen zu wollen, die sie offensichtlich nicht für sie zubereitet haben. Denn geplant waren Nachbarbesuche für diesen Tag definitiv nicht.
Ich: Nein, den gibts jetzt nicht, der ist vermutlich gar nicht für dich. Wenn du nicht freiwillig mitkommst, dann hole ich dich.
C: Nö! Wir können ja Mama anrufen, ob ich hier bleiben darf.
Ich: Wir können mal gucken, wenn du mit hochkommst.
C: Ich komme nur, mit hoch, wenn ich keinen Ärger kriege.
Aha, sie hat wohl mitgekriegt, dass ich wegen verschiedensten Dingen höchst sauer bin, am meisten über die Situation, in der wir jetzt stecken. Nämlich bei einer alten Damen, die gar keinen Besuch will, in der Wohnung zu stehen und ein bockiges Mädchen davon überzeugen zu müssen, mit hoch zu kommen. Ich weiß, dass ihre Mama bei solchen Sätzen leider seufzt und nickt und „Ja, okay, aber dann komm jetzt“ sagt.
Ich: Das könnte dir so passen. Wenn du dich nicht an Regeln halten kannst, musst du die Konsequenzen tragen.
Ich mache einen Schritt auf sie zu, sie fängt hysterisch an zu lachen und hält das wohl für ein Spiel. Dummerweise bin ich zwar klein, aber größer, stärker und schneller als sie und so erwische ich sie am Arm und schiebe sie aus der Wohnung raus.
To be continued…